Nach dem Ende der internationalen Luftbrücke will Außenminister Heiko Maas noch denjenigen Menschen bei der Ausreise aus Afghanistan helfen, die eine Zusage für die Aufnahme in Deutschland haben. "Es geht uns nur um diese Personengruppe", sagte der SPD-Politiker nach Gesprächen in Usbekistan, das als Nachbarland Afghanistans eine erste Anlaufstation für Schutzsuchende aus Afghanistan ist. Die Regierung in Taschkent habe sich zur Zusammenarbeit bereit erklärt. Usbekistan könnte damit eine Zwischenstation für die Menschen mit Aufnahmezusage auf dem Weg nach Deutschland werden.

Maas stellte die Ausreisewilligen darauf ein, dass die Hilfsaktion noch sehr lange dauern kann. "Es gibt keinen zeitlichen Horizont. Das ist ein Thema, dass uns noch Wochen und wahrscheinlich auch Monate beschäftigen wird."

Auf den Ausreiselisten des Auswärtigen Amts stehen mehr als 10.000 Afghaninnen und Afghanen. Dazu zählen ehemalige afghanische Mitarbeiter von Bundeswehr oder Ministerien – die sogenannten Ortskräfte – und besonders schutzbedürftige Menschen wie Menschenrechtsaktivisten oder Frauenrechtlerinnen. Hinzu kommen deren Familienangehörige. Zusammen geht es um mehr als 40.000 Menschen, die in Deutschland aufgenommen werden sollen – wenn es ihnen gelingt, Afghanistan zu verlassen. Usbekistan beispielsweise weist derzeit viele Menschen an der Grenze zurück.

Ausreise über den Landweg schwierig

Maas bezeichnete es als sehr schwierige Aufgabe, in der zweiten Evakuierungsphase nach Ende der Militärflüge Menschen über den Landweg aus Afghanistan zu holen. Zum einen brauche man Garantien der Taliban. Zum anderen müsse man vermeiden, wie in Kabul öffentliche Sammelpunkte zu benennen. Es warteten dann dort auch Zehntausende, die nicht zu der Gruppe gehörten, die Deutschland in Sicherheit bringen wolle.

Die Nachbarstaaten wollen sich Maas zufolge absprechen und nach Möglichkeit eine gemeinsame Position zu Afghanistan entwickeln. Es sei eine Afghanistan-Konferenz der Nachbarländer geplant. Dazu zählen neben Usbekistan auch Tadschikistan, Pakistan, Turkmenistan, Iran und China.

Darüber hinaus sprach Maas sich für Gespräche mit China und Russland über die Krise in Afghanistan aus. Es gebe Bemühungen, "international alle wichtigen Player an einen Tisch zu bringen, und dabei wird es wichtig sein, auch Russland und China dabeizuhaben", sagte er. Der Minister verwies auf die laufenden Gespräche über eine Resolution des UN-Sicherheitsrats zu Afghanistan. Dort werde sich zeigen, ob in Moskau und Peking die Bereitschaft zur Kooperation bestehe.

China und Russland gehören neben den USA, Frankreich und Großbritannien zu den fünf ständigen Mitgliedern des Sicherheitsrats, der das wichtigste Gremium der Vereinten Nationen ist. Anders als die westlichen Staaten sind die beiden Länder auch nach der Machtübernahme der Taliban in Afghanistan noch mit Botschaften in Kabul vertreten. 

Maas plant selbst keine Gespräche mit Taliban

Maas befindet sich gerade auf einer viertägigen Reise durch fünf Länder, die eine Rolle für die Ausreise schutzbedürftiger Menschen spielen. Von Usbekistan reiste er weiter nach Tadschikistan. Eine weitere Station ist das arabische Golfemirat Katar, das einen besonders guten Draht zu den Taliban hat. Dort haben die Islamisten auch ihr politisches Büro, eine Art Außenministerium.

Maas wird am Dienstag und Mittwoch in Katar sein und dort unter anderem den Diplomaten Markus Potzel treffen, der derzeit für die Bundesregierung Gespräche mit den Taliban führt. Dieser hat eine erste Zusage über freies Geleit für Afghaninnen und Afghanen mit gültigen Ausreisepapieren für die Zeit nach dem US-Truppenabzug an diesem Dienstag erhalten. Es ist aber noch unklar, wie verlässlich diese Zusage ist.

Selbst mit den Taliban reden will Maas nicht. Der Gesprächspartner der Bundesregierung für die Taliban sei Potzel. "Das ist der Kanal, den wir nutzen", sagte Maas.

Die Bundeswehr hat bis Mitte vergangener Woche gut 4.500 Menschen aus Kabul ausgeflogen. Maas sagte mit Blick auf einen Bericht der Welt am Sonntag, es seien wesentlich mehr als rund 100 Ortskräfte darunter gewesen. Derzeit würden mit Partnerstaaten die Passagierlisten der Evakuierungsflüge aus Kabul abgeglichen. Deshalb werde es noch eine Weile dauern, bis es eine klare Übersicht gebe.

Die Welt am Sonntag berichtete, dass bei dem am Donnerstag beendeten deutschen Evakuierungseinsatz offenbar nur wenige Ortskräfte ausgeflogen worden seien. Das Blatt berief sich auf Zahlen des Bundesinnenministeriums, die unter anderem im Bundestag vorgestellt worden seien. Demnach befanden sich unter den etwa 4.500 Ausgeflogenen nur knapp mehr als 100 Ortskräfte mit ihren Familien – insgesamt rund 500 Menschen. 

Ein Sprecher des Bundesinnenministeriums erklärte, mit den Evakuierungen seien insgesamt 4.587 Menschen nach Deutschland eingereist, darunter 3.849 Afghanen und 403 deutsche Staatsbürgerinnen. Davon seien 138 Ortskräfte mit 496 Familienmitgliedern, also insgesamt 634 Menschen mit einem Ortskräftebezug.