Der Europarat hat die weitverbreitete Gewalt gegen Frauen sowie unzählige Kinderehen in der Türkei angeprangert. Eine Expertenrunde rufe die türkische Regierung dazu auf, mehr für den Schutz von Frauen und Mädchen zu tun, heißt es in einem Bericht der Organisation, die zur Aufgabe hat, die Menschenrechtssituation in ihren Mitgliedsstaaten zu überwachen.

Viele weibliche Gewalt- und Vergewaltigungsopfer suchen sich dem Bericht zufolge in dem Land keine Hilfe, weil sie von ihrem Peiniger finanziell abhängig seien oder Stigmatisierung und Rache fürchten. In der Türkei werde Vergewaltigung oft als Fehler der Frauen gesehen, die damit die Familie "entehrten", stellen die Experten fest. Unter diesem "völlig verzerrten Verständnis von Gewalt" liefen die Opfer Gefahr, weiterer Gewalt ausgesetzt zu werden, warnt der Europarat. Richter ließen zudem teils willkürlich Milde gegen Gewalttäter walten.

Zahlreiche Kinderehen

Besorgt zeigte sich der Europarat auch wegen der vielen Kinderehen in der Türkei. Mehr als ein Viertel aller Frauen sei mit unter 18 Jahren verheiratet worden, in manchen ländlicheren Regionen sei es fast jede dritte Frau, heißt es in dem Bericht. Dagegen müssten die Behörden konsequenter Vorgehen. Auch sollten Ehen unter 18 im türkischen Recht als Straftatbestand anerkannt werden. Generell herrschten in der türkischen Gesellschaft bis in höchste politische Etagen restriktive Ansichten über die Rolle der Frau, kritisiert der Europarat. Das schaffe eine Grundlage für Gewalt.

Der Europarat mit Sitz in Straßburg hat insgesamt 47 Mitgliedsstaaten. Alle 28 EU-Mitglieder gehören der internationalen Institution an, die von der Europäischen Union unabhängig ist.