Ein Mönch der Benediktinerabtei Münsterschwarzach, der einem Flüchtling Kirchenasyl gewährt hatte, ist vom Amtsgericht Kitzingen freigesprochen worden. Im Gegensatz zur Anklage sah die Richterin im Fall des Benediktiners Abraham Sauer keine "Beihilfe zum unerlaubten Aufenthalt ohne erforderlichen Aufenthaltstitel" (Az: 1 Cs 882 Js 16548/20).

Bruder Abraham, der die Flüchtlingsarbeit seiner Abtei in Schwarzach am Main koordinierte, betreute im August 2020 einen im Gazastreifen geborenen Flüchtling. Der 25-Jährige war einige Monate vorher über Rumänien in die Europäische Union eingereist, wohin er – gemäß den Dublin-Regelungen innerhalb der EU – wieder abgeschoben werden sollte. Der Mönch nahm ihn schließlich in der Abtei auf und meldete ihn – gemäß der Vereinbarung zwischen Kirchen und Staat – offiziell den Behörden. Er verwies auf das Kirchenasyl als Ultima Ratio, wenn es darum gehe, Menschen vor Menschenrechtsverletzungen zu bewahren. Diese gebe es in europäischen Ländern, etwa in Ungarn. Dies hätten Flüchtlinge den Mönchen berichtet.   

Glaubens- und Gewissensfreiheit wiegt höher

Die Staatsanwaltschaft ließ dies nicht gelten und klagte Sauer an – als ersten Ordensangehörigen in Bayern für eine Kirchenasylgewährung. Sie forderte eine Geldstrafe von 2.400 Euro und argumentierte, es sei bewusst Recht umgangen worden. Der Mönch habe nach einem negativen Härtefallbescheid eine Ausreise verhindert. 

Dem folgte das Gericht nicht. Die Richterin sagte, Bruder Abraham habe zwar eine Straftat begangen, dies aber ohne Schuld. Sie begründete ihr Urteil mit der Glaubens- und Gewissensfreiheit – und folgte damit der Argumentation der Verteidigung.

Sauers Anwalt Franz Bethäuser hatte in seinem Plädoyer gesagt, Bruder Abraham stütze sich auf die im Grundgesetz verankerte Glaubens-, Gewissens- und Religionsfreiheit. Dies sei ein Individualrecht, das höher zu werten sei als das Kollektivrecht des Staates auf Strafverfolgung. 

Verteidigung sieht "Signalwirkung" des Urteils

Bethäuser hatte weiter ausgeführt, dass in einer Ausführungsverordnung zum entsprechenden Strafrechtsparagrafen 95 darauf verwiesen werde, dass sich Menschen nicht der Beihilfe strafbar machten, wenn sie aufgrund ihres Berufes soziale Betreuung aus humanitären Gründen leisteten, mit dem Ziel eines menschenwürdigen Lebens. Explizit genannt sei in der Verordnung der Beruf des Seelsorgers. Außerdem sei der Asylbewerber nicht unverzüglich abgeschoben worden. Damit sei es zu einer faktischen Duldung gekommen.

Nun sprach er von einer "Signalwirkung" des Urteils. Tatsächlich geht nach Aussage von Kritikern nur die bayerische Justiz in dieser Härte gegen Geistliche und Ordensangehörige vor. Nach Auskunft des bayerischen Justizministeriums wurden im Freistaat 2020 insgesamt 27 Verfahren wegen der Gewährung von Kirchenasyl gegen Kirchenangehörige neu eingeleitet. Wie viele davon noch anhängig sind, konnte ein Ministeriumssprecher auf Anfrage nicht sagen.

Auch der Fall des Benediktiners Sauer ist noch nicht abgeschlossen, das Urteil der Amtsrichterin noch nicht rechtskräftig. Die Staatsanwaltschaft kann Berufung einlegen oder direkt in Revision gehen. Eine Entscheidung darüber hat sie nach eigenen Angaben aber noch nicht getroffen.