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In einem Park in Kabul kampieren Menschen, die vor den Taliban aus dem Norden des Landes geflohen sind.

© Rahmat Gul/dpa

Exklusiv

Taliban rücken auf Kabul vor: Berlin will Flüchtlinge aus Afghanistan aufnehmen

Innensenator Geisel fordert eine schnelle Entscheidung von der Bundesregierung. Auch die Opposition im Bund mahnt die Aufnahme gefährdeter Afghanen an.

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Angesichts des Vormarsches der Taliban in Afghanistan mehren sich die Forderungen nach einer Aufnahme von afghanischen Flüchtlingen in Deutschland. Die Bundesregierung dürfe nicht warten, bis sich alle 27 EU-Länder einig seien, sagte Grünen-Kanzlerkandidatin Annalena Baerbock im Deutschlandfunk. Deutschland solle zusammen mit anderen EU-Staaten, den USA und Kanada Kontingente von Flüchtlingen aufnehmen. Kanada will bis zu 20.000 besonders gefährdeten Menschen Zuflucht gewähren.

Die Taliban stehen bereits kurz vor Kabul. In die Hauptstadt Afghanistans sind tausende Menschen aus anderen Landesteilen geflüchtet, die von den Islamisten erobert worden waren.

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„Deutschland sollte in der EU jetzt sehr offensiv für ein europäisches Aufnahmeprogramm für afghanische Geflüchtete werben“, sagte die Linken-Vorsitzende Susanne Hennig-Wellsow dem Tagesspiegel. Die FDP fordert ein Sondervisa-Programm für afghanische Frauen, die von Verfolgung durch die Taliban bedroht sind. „Deutschland und Europa haben hier eine besondere Verantwortung“, sagte der FDP-Außenpolitiker Alexander Graf Lambsdorff.

[Mehr zum Thema: "Sie werden mich finden": Wie Menschen in Kabul um ihr Leben fürchten (T+)]

Berlin erklärte sich zur Aufnahme von Flüchtlingen bereit. Gemeinsam mit anderen Bundesländern würde die Stadt ein Kontingent von Flüchtlingen aufnehmen, „die sich in Afghanistan für den Aufbau der Demokratie eingesetzt haben“, sagte Innensenator Andreas Geisel (SPD) dem Tagesspiegel. „Wir brauchen dafür dringend Entscheidungen auf Bundesebene.“ Elke Breitenbach (Linke), Senatorin für Integration, forderte eine „humanitäre Hilfsaktion, an der sich Berlin selbstverständlich beteiligen wird“.

Auch Grünen-Spitzenkandidatin Bettina Jarasch sieht Deutschland und Berlin in der Verantwortung. „Berlin muss dem Bund ein Angebot machen, im Rahmen des deutschen Handelns ein Kontingent Flüchtlinge aufzunehmen.“

Union fordert Hilfe für Flüchtlinge in Nachbarländern Afghanistans

Für derartige Pläne gibt es aus der Union keine Unterstützung. „Wir sollten uns zunächst darauf konzentrieren, unseren bedrohten Ortskräften eine rasche Ausreise zu ermöglichen“, sagte Fraktionsvize Thorsten Frei (CDU). Zudem müsse alles getan werden, um Aufnahme und Versorgung der Flüchtlinge in den Nachbarstaaten zu unterstützen. Unions- Kanzlerkandidat Armin Laschet (CDU) forderte eine rasche Rettung der Ortskräfte.

Geisel kritisierte die Versäumnisse der Bundesregierung beim Schutz der Menschen, die für die Bundeswehr gearbeitet haben. Auf der Innenministerkonferenz habe es Entsetzen darüber gegeben, dass die Bundeswehr abgezogen wurde, ohne für die Sicherheit der Ortskräfte zu sorgen. Die Bundeswehr bereitet derzeit einen stark abgesicherten Einsatz vor, um Deutsche und Ortskräfte aus Kabul auszufliegen.

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