Am Mitt­woch, 28. Juli, geht der Streit dar­über, ob der Info­bus des Münch­ner Flücht­lings­rats Zugang zu den AnkER-Zen­tren in Ober­bay­ern haben darf, um dort Geflüch­te­te zu bera­ten, vor dem Baye­ri­schen Ver­wal­tungs­ge­richts­hof in die nächs­te Run­de. Ange­sichts des bun­des­wei­ten Trends zu AnkER-Zen­tren und der Iso­lie­rung von Geflüch­te­ten hat das Ver­fah­ren Signalwirkung.

Seit 2001 bie­tet der Info­bus unab­hän­gi­ge Asyl­ver­fah­rens­be­ra­tung in Ober­bay­ern an. Anfang 2018 wur­de den Berater*innen von der Regie­rung Ober­bay­erns ohne stich­hal­ti­ge Grün­de der Zugang zu Erst­auf­nah­me- und AnkER-Ein­rich­tun­gen ver­wei­gert. Dage­gen klag­ten sie mit Rechts­an­walt Hubert Hein­hold im Febru­ar 2018.

Im Juni 2019 stell­te das Ver­wal­tungs­ge­richt Mün­chen die Rechts­wid­rig­keit des abso­lu­ten Zugangs­ver­bo­tes fest, sah aber auch kein grund­sätz­li­ches Zugangs­recht. Dage­gen leg­ten bei­de Sei­ten Beru­fung ein, über die am Mitt­woch, 28. Juni 2021, ab 10 Uhr vor dem Baye­ri­schen Ver­wal­tungs­ge­richts­hof ver­han­delt wird.

Asyl­su­chen­de müs­sen für den Info­bus indi­vi­du­el­le Anfra­gen stellen

Seit der Ent­schei­dung des Ver­wal­tungs­ge­richts kön­nen die Berater*innen nur auf indi­vi­du­el­le Bera­tungs­an­fra­gen von ein­zel­nen Bewohner*innen hin in die Ein­rich­tun­gen kom­men. Doch das gestal­tet sich in der Pra­xis äußerst schwie­rig. Eine unab­hän­gi­ge Bera­tung vor Ort ist für Geflüch­te­te in Sam­mel­un­ter­künf­ten essen­ti­ell, um auf ihr Asyl­ver­fah­ren vor­be­rei­tet und bei einer Ableh­nung zu Rechts­schutz und Erfolgs­aus­sich­ten bera­ten zu wer­den. Dies gilt umso mehr, je abge­le­ge­ner die Ein­rich­tun­gen sind – wie die AnkER-Ein­rich­tun­gen und ‑Depen­dan­cen in und um München.

„Die aktu­el­le Rege­lung, laut der wir nur in man­da­tier­ten Ein­zel­fäl­len die Ein­rich­tun­gen betre­ten dür­fen, erschwert unse­re Arbeit wei­ter­hin mas­siv und geht in der Pra­xis mit vie­len büro­kra­ti­schen Hür­den ein­her. In den meis­ten Fäl­len müs­sen wir bei Wind und Wet­ter vor den AnkER-Zen­tren bera­ten. Ins­be­son­de­re vul­nerable Per­so­nen­grup­pen kön­nen wir auf­grund des all­ge­mei­nen Zugangs­ver­bots nur schwer errei­chen. Dabei erle­ben wir in unse­rer täg­li­chen Arbeit, wie wich­tig ein nied­rig­schwel­li­ges Bera­tungs­an­ge­bot für die Asyl­su­chen­den in AnkER-Zen­tren ist. Wäh­rend der Covid-19-Pan­de­mie hat sich die­se Situa­ti­on noch wei­ter zuge­spitzt. Gera­de jetzt hät­te ein posi­ti­ves Urteil eine wich­ti­ge Signal­wir­kung, dass der Zugang zu Geflüch­te­ten­un­ter­künf­ten für unab­hän­gi­ge und unent­gelt­li­che Asyl­ver­fah­rens­be­ra­tung gewähr­leis­tet wer­den muss“, erklärt Han­nah Som­mer vom Infobus.

Iso­la­ti­on in den AnkER-Zen­tren wird verstärkt

Rechts­an­walt Hubert Hein­hold macht auf die Bedeu­tung des Ver­fah­rens über den kon­kre­ten Fall hin­aus auf­merk­sam: „Der Recht­streit hat bun­des­wei­te Bedeu­tung. Es geht dar­um, ob das von der euro­päi­schen Auf­nah­me­richt­li­nie den Nicht­re­gie­rungs­or­ga­ni­sa­tio­nen garan­tier­te Recht auf Zugang zu den Auf­nah­me­ein­rich­tun­gen ‚um den Antrag­stel­lern zu hel­fen‘ bezie­hungs­wei­se für ‚indi­vi­du­el­le Asyl­ver­fah­rens­be­ra­tung‘ nach dem Asyl­ge­setz wei­ter durch restrik­ti­ve Haus­ord­nun­gen boy­kot­tiert wer­den darf.“

„AnkER-Zen­tren sind Orte der Iso­la­ti­on, die oft nur durch Ehren­amt­li­che und Pro­jek­te wie den Info­bus durch­bro­chen wird. Die stark regle­men­tier­ten Zugangs­re­geln für die Bera­te­rin­nen und Bera­ter des Info­bus­ses machen die AnkER-Zen­tren in Ober­bay­ern umso mehr zur Black Box. Es braucht drin­gend ein Zugangs­recht! Letzt­lich müs­sen aber die AnkER-Zen­tren abge­schafft wer­den“, kom­men­tiert Wieb­ke Judith, rechts­po­li­ti­sche Refe­ren­tin von PRO ASYL.

Viel­fäl­ti­ge Unter­stüt­zung für die Bera­tung im Infobus

PRO ASYL unter­stützt auf­grund ihrer Bedeu­tung sowohl die Kla­ge als auch grund­sätz­lich den Info­bus in sei­ner täg­li­chen Arbeit. Neben PRO ASYL finan­zie­ren zudem die Lan­des­haupt­stadt Mün­chen, Amnes­ty Inter­na­tio­nal und die UNO-Flücht­lings­hil­fe das unab­hän­gi­ge Beratungsprojekt.

Die münd­li­che Ver­hand­lung beginnt am Mitt­woch, 28. Juli 2021 um 10 im Baye­ri­schen Ver­wal­tungs­ge­richts­hof in Mün­chen, Lud­wig­stra­ße 23, im Sit­zungs­saal 3. Wegen der Covid-19-Pan­de­mie ist die Zahl der Teil­neh­men­den stark beschränkt.

Der Münch­ner Flücht­lings­rat orga­ni­siert des­we­gen ab 9 Uhr eine Kund­ge­bung vor dem Gerichtsgebäude.

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