22.08.2017
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Nie wieder? Diese Schmiererei am Haus des Bürgermeisters von Güstrow wurde nachträglich verändert. Rassistische Vorfälle sind aber leider immer noch Alltag in Deutschland. Um das zu verhindern, müssen wir uns Rassist*innen entschlossen entgegenstellen. Foto: dpa

Das tagelange rassistische Pogrom im August 1992 macht immer noch fassungslos- auch weil die Parteien vor den Rechtsextremisten politisch einknickten. Heutzutage ist rechte Gewalt nach wie vor präsent. Die Politik muss daher einen anderen Weg einschlagen. Es braucht ein starkes Signal der Solidarität: Bleiberecht für die Opfer rassistischer Gewalt

Rechts­extre­me, die meh­re­re Tage qua­si unge­stört Flücht­lin­ge angrei­fen kön­nen und eine Poli­tik, die die Asyl­ge­set­ze ver­schärft – weni­ge Mona­te nach den Ereig­nis­sen von Ros­tock Lich­ten­ha­gen wur­de 1992 mit dem soge­nann­ten »Asyl­kom­pro­miss« das Grund­recht auf Asyl eingeschränkt.

Die Gewalt gin­ge schließ­lich auch auf zu hohe Asyl­be­wer­ber­zah­len zurück, hieß es damals von der CDU/FDP-Regie­rung. Sie soll­te also offen­bar dadurch been­det wer­den, dass man den Gewalt­tä­tern poli­tisch nach­gibt. Das Ros­to­cker Pogrom steht bis heu­te für das Zusam­men­wir­ken von Poli­tik und dem ras­sis­ti­schen, gewalt­tä­ti­gen Mob der Straße.

»Dies ist ein Sieg der Stra­ße und eine Nie­der­la­ge des Rechtsstaates!«

PRO ASYL im Jahr 1992 zur Gesetzesänderung 

Betrach­tet man die Situa­ti­on heu­te, so ist ras­sis­ti­sche Gewalt noch immer an der Tages­ord­nung. Im ers­ten Halb­jahr 2017 gab es laut Bun­des­kri­mi­nal­amt 153 Delik­te gegen Asyl­un­ter­künf­te und 787 Delik­te direkt gegen Asyl­su­chen­de außer­halb ihrer Unter­künf­te. Das sind über 5 rechts­mo­ti­vier­te Straf­ta­ten gegen Flücht­lin­ge pro Tag! Im ver­gan­ge­nen Jahr doku­men­tier­te eine Chro­nik der Ama­deu Anto­nio Stif­tung & von PRO ASYL ins­ge­samt gar 3.729 flücht­lings­feind­li­che Vor­fäl­le.

Die Parteien sind anfällig für Druck von Rechts

Hat­te sich der poli­ti­sche Main­stream über Jah­re hin­weg, bis zur so genann­ten »Will­kom­mens­kul­tur« des Som­mers 2015, noch lang­sam ins Posi­ti­ve ent­wi­ckelt, glei­tet der gesell­schaft­li­che Dis­kurs seit Herbst 2015 wie­der deut­lich in flücht­lings­feind­li­che Untie­fen ab. Im Inter­net wer­den Hass­bot­schaf­ten und Auf­ru­fe zur Gewalt unge­hemmt ver­öf­fent­licht und weiterverbreitet.

Poli­ti­sche Ver­ant­wor­tungs­trä­ger haben sich dage­gen zwar klar abge­grenzt, dem den Taten zugrun­de lie­gen­den Den­ken haben sie aber wenig ent­ge­gen­ge­setzt. Im Gegen­teil: Von Ver­ant­wort­li­chen gro­ßer Par­tei­en kom­men ver­mehrt öffent­li­che Aus­sa­gen und Kon­zep­te zur Abwehr von Schutz­su­chen­den, die das Asyl­recht und die Men­schen­rech­te beschädigen.

Die demo­kra­ti­schen Par­tei­en sind  anfäl­lig für den Druck von rechts gewor­den und über­neh­men Tei­le der rechts­po­pu­lis­ti­schen Agen­da. Eine Asyl­rechts­ver­schär­fung nach der ande­ren, eine här­te­re Gang­art bei Abschie­bun­gen, die zuneh­men­de Abschot­tung an Euro­pas Außen­gren­zen – all das sug­ge­riert  Bürger*innen, Rechts­po­pu­lis­ten hät­ten ja nicht völ­lig Unrecht.

Solidarität mit Opfern von rechter Gewalt sieht anders aus

Gerichts­pro­zes­se gegen Gewalt­tä­ter schei­tern bis­wei­len dar­an, dass Opfer und Zeu­gen nicht aus­sa­gen kön­nen, weil sie abge­scho­ben wur­den. Nur ange­mes­sen wäre eine spe­zi­fi­sche Rege­lung, die Opfern ras­sis­ti­scher Gewalt ein Blei­be­recht gewährt. Um ihre Erfah­run­gen ange­mes­sen ver­ar­bei­ten zu kön­nen, sind sie erfah­rungs­ge­mäß auch psy­chisch auf auf­ent­halts­recht­li­che Sicher­heit angewiesen.

Ein sol­ches Blei­be­recht hält über­dies den Täter*innen das ein­deu­ti­ge Bekennt­nis des Staa­tes gegen Hass und Gewalt ent­ge­gen. Die Bun­des­län­der Bran­den­burg und Ber­lin haben das 2017 bereits beschlos­sen. Eine bun­des­wei­te Rege­lung soll­te die­sen guten Bei­spie­len folgen!

(hm / mk)