Baden-Württembergs Migrationsministerin Marion Gentges (CDU) stemmt sich wegen der zugespitzten Flüchtlingslage im Land gegen ein Aufnahmeprogramm des Bundes für besonders gefährdete Afghanen. In einem Brief an Innenministerin Nancy Faeser (SPD) schreibt sie, Länder und Kommunen, die bereits hunderttausende Geflüchtete aus der Ukraine aufgenommen haben, dürften nicht zusätzlich durch steuerbare Migration überfordert werden: „Vor dem Hintergrund der bereits erfolgten hohen Zugänge ist das nun verkündete Bundesaufnahmeprogramm Afghanistan mit geplanten bis zu 1000 Menschen pro Monat aus Sicht des Ministeriums der Justiz und für Migration in keiner Weise verantwortbar“, schreibt sie.

Programm der Bundesregierung

Die Bundesregierung hatte im Oktober den Start eines Programms verkündet, mit dem man auf die humanitäre Lage seit der Machtergreifung der Taliban in Afghanistan reagiert. Profitieren sollen demnach unter anderem Menschen, die sich dort für Frauen- und Menschenrechte eingesetzt haben, wegen ihrer Tätigkeit in Justiz, Politik, oder Medien besonders gefährdet sind – oder etwa wegen ihrer sexuellen Orientierung.

Kritik von der Grünen Jugend

Die Grünen im Land wiesen Gentges’ Vorstoß zurück. Der Abgeordnete Daniel Lede Abal verwies auf den Koalitionsvertrag, in dem „eine Flüchtlingspolitik auf der Grundlage von Menschlichkeit und Verantwortung“ vereinbart sei. „Ich bin mir sicher, dass die Justizministerin dieser Verantwortung im Sinne des Koalitionsvertrages gerecht werden wird.“ Die Grüne Jugend kritisierte Gentges’ Haltung als „ernüchternd“. „Es ist in keiner Weise verantwortbar, die Menschen in Afghanistan im Stich zu lassen“, sagten die Sprecherinnen Aya Krkoutli und Elly Reich.
Angesichts der Zahl von über 160 000 Geflüchteten und Migranten im Südwesten hat ­Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) für den 7. Dezember zu einem Gipfel geladen. Die Kommunen warnten erneut vor einer Überforderung der Aufnahmekapazitäten.