06.09.2022
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Andreas Lipsch, Vorsitzender des Stiftungsrates der Stiftung PRO ASYL, überreicht den diesjährigen Menschenrechtspreis an Maciej Nowicki und Marta Górczyńska von der Helsinki Foundation for Human Rights (Polen). Foto: PRO ASYL.

Unermüdlich setzen sich Anwältin Marta Górczyńska und die polnische Organisation Helsinki Foundation for Human Rights für die Rechte von Geflüchteten ein – obwohl sie von der eigenen Regierung dafür angefeindet werden. Am Samstag haben sie in Frankfurt dafür den PRO ASYL – Menschenrechtspreis erhalten.

»Vor einem Jahr hät­te ich mir nicht vor­stel­len kön­nen,  einen Preis dafür zu bekom­men, grund­le­gen­de Men­schen­rech­te zu ver­tei­di­gen. Nicht in Polen. Nicht in der Euro­päi­schen Uni­on. Nicht im 21. Jahr­hun­dert« sagt Mar­ta Górc­zyńs­ka. »Wir ver­ste­hen die Aus­zeich­nung als ein Zei­chen von gro­ßer Soli­da­ri­tät in Zei­ten, in denen die pol­ni­sche Regie­rung immer stär­ker ver­sucht, die­je­ni­gen zu kri­mi­na­li­sie­ren, die Men­schen an der Gren­ze helfen.«

Preis kommt »zur rechten Zeit«

Dass die­ses Zei­chen zur rich­ti­gen Zeit kommt, betont ihr Kol­le­ge Maciej Nowi­cki aus dem Vor­stand der Hel­sin­ki Foun­da­ti­on for Human Rights: »Inmit­ten der weit ver­brei­te­ten Begeis­te­rung über die wun­der­ba­re Soli­da­ri­tät der pol­ni­schen Gesell­schaft mit ukrai­ni­schen Flücht­lin­gen gibt es eine Hand­voll pol­ni­scher NGOs, die beto­nen, dass zwi­schen Kriegs­flücht­lin­gen kein Unter­schied gemacht wer­den kann. Noch nie war es not­wen­di­ger, die­se Stim­men zu verstärken!«

Preisverleihung Menschenrechtspreis 2022
Rede von Preis­trä­ge­rin Mar­ta Górc­zyńs­ka auf der Preis­ver­lei­hung im Haus am Dom
Menschenrechtspreis PRO ASYL 2022 Marta Gorczynska
Die PRO ASYL Hand 2022
Luise Amtsberg Laudatio PRO ASYL
Lui­se Amts­berg, Men­schen­rechts­be­auf­trag­te der Bun­des­re­gie­rung, hält digi­tal zuge­schal­tet die Lau­da­tio auf die Preisträgerin

»Ich habe viel Hoff­nung in die Men­schen, die die­se Welt ver­än­dern möch­ten und nicht auf­hö­ren, Regie­run­gen dar­an zu erin­nern, dass es bei Unge­rech­tig­keit immer Wider­stand geben wird!«

Mar­ta Górczyńska 

In ihrer Rede beschreibt die Preis­trä­ge­rin die dra­ma­ti­sche Situa­ti­on in Polen und den ekla­tan­ten Unter­schied in der Behand­lung von Geflüch­te­ten aus der Ukrai­ne und ande­ren Staa­ten und schließt mit den Sät­zen: »Ich habe wenig Hoff­nung, dass sich die Poli­tik der der­zei­ti­gen Regie­rung ändert. Ich habe wenig Hoff­nung, dass die Euro­päi­sche Uni­on ihre Mit­glieds­staa­ten dazu bringt, das EU-Recht an ihren eige­nen Gren­zen zu ach­ten. Aber ich habe viel Hoff­nung in die Men­schen, die die­se Welt ver­än­dern möch­ten und nicht auf­hö­ren, Regie­run­gen dar­an zu erin­nern, dass es bei Unge­rech­tig­keit immer Wider­stand geben wird«.

Beispielgebend für die Verteidigung der Menschenwürde

Auch die Men­schen­rechts­be­auf­trag­te der Bun­des­re­gie­rung, Lui­se Amts­berg, betont die­sen Aspekt in ihrer Lau­da­tio. »Es ist dem Mut von Frau­en wie Mar­ta zu ver­dan­ken, dass der Ver­such des pol­ni­schen Staa­tes, mas­si­ve Men­schen­rechts­ver­let­zun­gen vor der Öffent­lich­keit zu ver­ber­gen, nicht gelun­gen ist. Ihr Ein­satz steht damit bei­spiel­ge­bend für die Ver­tei­di­gung der Men­schen­wür­de, Men­schen­rech­te und Rechts­staat­lich­keit in Europa«.

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Mar­ta Górc­zyńs­ka und ihre Kolleg*innen stem­men sich gegen die Ver­schär­fung des Asyl­rechts in Polen. Sie unter­stüt­zen Geflüch­te­te – jene an der pol­nisch-bela­rus­si­schen Gren­ze eben­so wie jene aus der Ukrai­ne – doku­men­tie­ren Men­schen­rechts­ver­let­zun­gen und ver­tre­ten Betrof­fe­ne vor Gericht. Uner­müd­lich machen sie auf rechts­wid­ri­ge Zurück­wei­sun­gen an der Gren­ze zu Bela­rus auf­merk­sam. Im Som­mer 2021 haben sich Mar­ta Górc­zyńs­ka und die Hel­sin­ki Foun­da­ti­on for Human Rights (Pol­and) mit wei­te­ren Akteu­ren in dem Netz­werk Grupa Gra­ni­ca zusam­men­ge­schlos­sen. Die­ses Netz­werk ist  24 Stun­den am Tag, an sie­ben Tagen die Woche im Ein­satz, um huma­ni­tä­re Not­hil­fe in den Wäl­dern des pol­ni­schen Grenz­ge­bie­tes zu leisten.

Menschenrechtsarbeit gegen alle Widrigkeiten

Die Preisträger*innen trot­zen allen Ver­su­chen von staat­li­chen Insti­tu­tio­nen, den Zugang zu Schutz in Euro­pa zu blo­ckie­ren und Zurück­wei­sun­gen an der Gren­ze zu lega­li­sie­ren. In einer Atmo­sphä­re der Recht­lo­sig­keit bekämp­fen sie jeden Tag die Aus­he­be­lung rechts­staat­li­cher Prin­zi­pi­en. Und bei ihrem Kampf geht es um mehr als Flücht­lings­rech­te: Wie Mar­ta Górc­zyńs­ka berich­tet, wer­den selbst Gerichts­ur­tei­le – auch auf euro­päi­scher Ebe­ne – von der pol­ni­schen Regie­rung oft schlicht igno­riert und nicht umgesetzt.

»Zehn Jah­re nach dem Frie­dens­no­bel­preis hat sich der EU-Staa­ten­bund wei­ter denn je von den ursprüng­li­chen Wer­ten entfernt«

Andre­as Lipsch, Stiftungsvorstand

Die Hel­sin­ki Foun­da­ti­on arbei­tet auch auf juris­ti­scher Ebe­ne trotz­dem unbe­irrt wei­ter und leis­tet damit auch einen wich­ti­gen Bei­trag zum Kampf für ele­men­ta­re Wer­te wie Rechts­staat­lich­keit und Pres­se­frei­heit – wäh­rend die Euro­päi­sche Uni­on selbst »zehn Jah­re nach dem Frie­dens­no­bel­preis wei­ter denn je von ihren ursprüng­li­chen Wer­ten ent­fernt« ist, wie Stif­tungs­vor­stand Andre­as Lipsch in sei­ner Wür­di­gung betont.

Die Stif­tung PRO ASYL ver­leiht ihren Men­schen­rechts­preis, die PRO ASYL – Hand, jedes Jahr an Per­so­nen, die sich in her­aus­ra­gen­der Wei­se für die Ach­tung der Men­schen­rech­te und den Schutz von Flücht­lin­gen ein­set­zen. Eine Über­sicht über bis­he­ri­ge Preisträger*innen fin­det sich hier!