29.05.2018
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In vielen deutschen Städten, wie hier in Frankfurt am Main, gab es nach dem Anschlag Solidaritätskundgebungen. Foto: dpa-Bildarchiv

Am 29. Mai 1993 starben bei einem Brandanschlag in Solingen in den frühen Morgenstunden fünf Menschen, weitere wurden zum Teil schwer verletzt. Der Anschlag wurde von vier jungen Männern aus der rechten Szene begangen.

Drei Mäd­chen und zwei Frau­en aus der Solin­ger Fami­lie Genç kamen in den Flam­men ums Leben, sie muss­ten ster­ben, weil sie nicht in das Welt­bild der aus­län­der­feind­li­chen Brand­stif­ter gepasst haben. Bereits in den Jah­ren vor dem Brand­an­schlag kam es auch in ande­ren deut­schen Städ­ten zu rechts­extre­men Atta­cken – die bekann­tes­ten Fäl­le sind Hoyers­wer­da, Ros­tock-Lich­ten­ha­gen und Mölln.

Weni­ge Tage vor den Mor­den in Solin­gen hat­te 1993 der Deut­sche Bun­des­tag nach emo­tio­na­ler Debat­te einen tief­grei­fen­den Ein­schnitt in das Grund­recht auf Asyl beschlos­sen. Schon vor 25 Jah­ren mahn­te der dama­li­ge Spre­cher von PRO ASYL, Her­bert Leu­nin­ger, dar­um bei einer Kund­ge­bung am 5. Juni 1993 in Solin­gen: »Eine Poli­tik, die um rechts buhlt, führt uns in die Katastrophe!«

Rassistische Gewalt: Immer noch Alltag in Deutschland

Dar­an hat sich bis heu­te nichts geän­dert: Die Bun­des­re­gie­rung darf nicht erneut den Feh­ler machen, auf die mas­si­ve ras­sis­ti­sche Stim­mungs­ma­che im Land mit poli­ti­schen Zuge­ständ­nis­sen zu ant­wor­ten, die rech­ten Gewalt­tä­tern ein Gefühl der Legi­ti­mi­tät geben – ras­sis­ti­sche Gewalt gehört zum All­tag in Deutsch­land und hat seit 2015 wie­der deut­lich zugenommen.

Dem Geden­ken an Fami­lie Genç muss auch eine Ver­ant­wor­tung zum poli­ti­schen Han­deln folgen!

Rechter Diskurs nimmt europaweit Einfluss

Gleich­zei­tig erhöht die Neue Rech­te den Druck auf die deut­sche und euro­päi­sche Flücht­lings­po­li­tik kon­stant. In ande­ren euro­päi­schen Staa­ten sind Rechts­po­pu­lis­ten teil­wei­se schon an Regie­run­gen betei­ligt oder bestim­men feder­füh­rend eine auf Aus­gren­zung und Ent­rech­tung zie­len­de Flücht­lings­po­li­tik. Und statt sich schüt­zend vor Min­der­hei­ten zu stel­len, ver­han­delt die Bun­des­re­gie­rung auf euro­päi­scher Ebe­ne die sys­te­ma­ti­sche Ver­hin­de­rung des Zugangs zum indi­vi­du­el­len Asyl­recht in Europa.

Dem Rechten Mob nicht das Wort reden!

In die­sen Tagen gibt es zahl­rei­che Gedenk­ver­an­stal­tun­gen zu den Ereig­nis­sen. Dem Geden­ken an Fami­lie Genç muss dabei auch eine Ver­ant­wor­tung zum poli­ti­schen Han­deln fol­gen! Opfer von ras­sis­ti­scher Gewalt muss ein Blei­be­recht ermög­licht wer­den, auch um die Straf­ver­fol­gung von Täter*innen zu sichern – und die ver­ant­wort­li­chen Politiker*innen dür­fen dem rech­ten Mob nicht mit immer neu­en Asyl­rechts­ver­schär­fun­gen und der Über­nah­me von rech­ten Begrif­fen in den Dis­kurs nicht wei­ter das Wort reden! Dazu gehört auch, auf euro­päi­scher Ebe­ne klar Posi­ti­on gegen Rechts­po­pu­lis­ten und für das indi­vi­du­el­le Recht auf Asyl zu beziehen.